„Arbeitszeiterfassung oder Vertrauensarbeitszeit- eine alte Kontroverse.“ … Wir sind ja bereits seit den 80iger Jahren auf dem Gebiet der Zeiterfassung tätig und haben diese Entwicklung alle 10-15 Jahre erlebt.

Sehr geehrte Frau Hajek,

im Mai 2019 hat der Europäische Gerichtshof bestimmt: ab sofort muss jedes Unternehmen die Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer*innen erfassen und dokumentieren. Die einen sagen zum Schutz der Arbeitnehmer, um Ausbeute zu verhindern, die anderen befürchten zu viel Kontrolle und Verlust von Vertrauen.  Was sagen Sie zu diesem Urteil zur Arbeitszeiterfassung?

 
Frage 1: Vorher nachher

Wie war die Erfassung der Arbeitszeit vor dem EuGH-Urteil rechtlich geregelt? Aus Ihrer Sicht: Was genau hat sich mit dem neuen Urteil zur Arbeitszeiterfassung geändert? Und warum?

 
Antwort:
Paragraf 16 des Arbeitszeitgesetzes verpflichtet die Arbeitgeber jetzt schon, gewisse Arbeitszeiten aufzuzeichnen. Genauer: Paragraf 3 des Arbeitszeitgesetzes besagt, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf, aber unter bestimmten Einschränkungen auf bis zu zehn Stun-den verlängert werden kann – was über acht Stunden werktäglich hinausgeht, muss aufgezeichnet werden. Es kann also bereits heute jeder Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber verlangen, die Arbeitszeit vollständig aufzuzeichnen. Hat die Firma einen Betriebsrat, könnte der aktiv werden.

Das Urteil betrifft auf den ersten Blick zunächst nur eine Verpflichtung der Mitgliedsländer der EU. Falls es in den einzelnen Staaten bereits jetzt eine Rechtsnorm gibt, die dem Urteil gemäß ausgelegt werden kann, müssen keine neuen Gesetze erlassen werden. Das heißt in unserem Fall, das Urteil ändert im Moment für die Bundesrepublik erst mal nichts, denn es gibt ja ein Arbeitszeitgesetz. Das Urteil muss erst in ein Gesetz der Bundesrepublik gegossen werden. Und das wird erfahrungsgemäß eine Weile dauern.

Arbeitszeiterfassung oder Vertrauensarbeitszeit – eine alte Kontroverse.
Was im Moment passiert, ist, dass die Diskussion um „Vertrauensarbeitszeit“ auf der einen Seite und „ Arbeitszeiter-fassung“ auf der anderen Seite wieder hochkommt und beide Seiten ihre Stellungnahme abgeben. Es ist so wie es immer war, eine hochpolitische Angelegenheit. Wir sind ja bereits seit den 80iger Jahren auf dem Gebiet der Zeiterfassung tätig und haben diese Entwicklung alle 10-15 Jahre erlebt.

Wie stellt sich die Situation politisch derzeit dar.
Den Arbeitnehmern nahestehende Vertretern wie Hubertus Heil (SPD) stehen dieser Entscheidung positiv gegenüber, und wollen das Gesetz möglichst schnell umsetzen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wertet das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung derzeit sorgfältig aus“. „Wir stehen dazu auch in Gesprächen mit den Sozialpartnern und werden in der zweiten Jahreshälfte Vorschläge machen, wie wir die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Lichte des Urteils sichern.“

Das Lager der Wirtschafts-Liberalen in Person von Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Arbeitsminister Bernd Buch-holz erwartet nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Arbeitszeiterfassung auch negative Wirkungen. Das Urteil aus der vergangenen Woche werde für Arbeitnehmer in Deutschland noch einen bitteren Nachgeschmack haben, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Auch wenn eine lückenlose Arbeitszeiterfassung dank moderner technischer Mittel heutzutage zweifellos möglich ist, wird dies zu einer völligen Transparenz und damit zu gläsernen Mitarbeitern führen.“

Und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will nach Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 21. Mai das Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Erfassung von Arbeitszeiten zunächst nicht umsetzen. Das Urteil weise nicht in die richtige Richtung, sagte der Wirtschaftsminister. „Es ist der falsche Weg, die Stechuhr wieder überall einzuführen.“ Er kündigte an, sein Ressort werde ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, um zu klären, ob das Urteil überhaupt umgesetzt werden muss. Vorliegen solle das Gutachten bis zur Sommerpause. „Wir wollen und müssen die Interessen der Arbeitnehmer schützen, aber wir dürfen keine überbordende Bürokratie schaffen.“

Bewusstseinsänderung.
Was sich unserer Erfahrung bereits ändert, ist das Bewusstsein in den Unternehmen, die bereits Zeiterfassung im Einsatz haben, dass zukünftig weitere Gruppen von der Arbeitszeiterfassung betroffen sein könnten und sich die Ex-perten bereits mit der Einführung von mobiler Zeiterfassung für Home-Office Arbeitsplätze oder Mitarbeiter im Au-ßendienst befassen. Sie wollen gerüstet sein für die Zukunft und informieren sich jetzt bei uns.

Diskussion um Vertrauensarbeitszeit.
Und es wird sicherlich im einen oder anderen Betrieb das Prinzip „Vertrauensarbeitszeit“ neu diskutiert werden.

Denn in einer immer flexibleren Arbeitswelt mit Dienstreisen, Pendlern, Außendienst-Mitarbeitern und Home-Office-Mitarbeitern darf die maximale Arbeitszeit auch in Zukunft durchschnittlich acht Stunden täglich und maximal zehn Stunden dauern. Zwischen zwei Arbeitstagen sind elf Stunden ununterbrochene Ruhe einzulegen und während eines Arbeitstags von sechs bis neun Stunden mindestens 30 Minuten Pause.

Für Unternehmen, die heute unter dem Begriff „Vertrauensarbeitszeit“ die Dokumentation der Arbeitszeit dem Ar-beitnehmer verantwortlich übergeben, könnte dies in Zukunft ein Umdenken erfordern, denn mit dem neuen Urteil fordern die Richter am EuGH die Mitgliedstaaten der EU auf, Unternehmen zu einem objektiven, verlässlichen und zugänglichen Zeiterfassungssystem zu verpflichten.

Basis ist die neutrale Zeiterfassung. Win-Win-Situation für beide Seiten.
Eine Zeiterfassung leistet dies, denn sie schafft Transparenz. Das könnte auf Arbeitnehmerseite dazu führen, dass als Ergebnis einer transparenten Zeiterfassung der Eine oder Andere sich fragt, warum er dauerhaft immer mehr arbeitet und er für seine Überstunden kein Entgelt bekommt.

Für Arbeitgeber könnte dieses Urteil aber auch eine positive Seite zur Folge haben, denn nichts schafft mehr Produktivität im Unternehmen als ein effizientes Arbeitszeitmanagement. Transparente Arbeitszeiterfassung schafft die Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Workflow-Management. Sie schafft für den Arbeitgeber die Basis für punktgenaue Personalpläne, denn intelligente Personaleinsatzplanung und Bedarfsplanung bringt Arbeitszeitwünsche und betriebliche Anforderungen zusammen.

Grundsätzlich denken wir, dass es mit einer neutralen objektiven Zeiterfassung leichter ist dem Wandel in der Arbeitswelt, der digitalen Transformation und den Herausforderungen von Arbeit 4.0. gerecht zu werden.

Arbeit. 4.0 braucht gesetzeskonforme und effektive Arbeitszeiterfassung.
Neue Arbeitsformen verändern bisherige Gewohnheiten und fordern Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Damit die Flexibilisierung keine Einbahnstraße wird, dient die Arbeitszeiterfassung der Sicherung von Selbstbestimmtheit und zugleich der Schaffung von fairen Arbeitsbedingungen. Um heute ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, ist es für Unternehmen unerlässlich, mit vorteilhaften Arbeitsbedingungen und mit einem flexiblen Gleitzeitsystem zu punkten, um Freiräume hinsichtlich Familie und Beruf zu ermöglichen. So erwarten beispielsweise Digital Natives flexible Arbeitszeiten und Worklife Balance. Durch die erreichte Transparenz mit der Zeiterfassung ist der aktuelle Status jederzeit abrufbar. Neuere Applikationen, schaffen Möglichkeiten, die ständige Erreichbarkeit der Mitarbeiter im Sinne einer Gesundheitsvorsorge einzugrenzen, so zum Beispiel durch berufliche Push-Mitteilungen in der App, die zeitlich vorgegeben deaktiviert werden können.

 
Frage 2: Konkrete Umsetzungen

Erfordert das Urteil eine andere Aufstellung in Ihrem Unternehmen? Worauf müssen Ihre Kunden jetzt achten? Welche Lösung ist für welches Unternehmen sinnvoll, von KMUs bis zu Großkonzernen? Worauf müssen internationale tätige Unternehmen achten?

 
Antwort:
Nein, denn wir sind Experten für Zeiterfassung und sind hervorragend aufgestellt und haben selbst gute Erfahrungen mit unserem eigenen Zeiterfassungssystem parat. Außerdem nutzen mehr als 500 Unternehmen europaweit die PCS Zeiterfassung an SAP. Bereits seit den 80iger Jahren entwickeln, produzieren und vertreiben wir unsere INTUS Terminalsysteme und Lösungen für Datenerfassung, Arbeitszeiterfassung, Arbeitszeitmanagement, Workflow-Management. Und seit dieser Zeit arbeiten wir mit mehr als 150 nahmhaften Software-und Systemhauspartnern zusammen, die passende Lösungen für alle Branchen und Unternehmensgrößen für Zeitwirtschaft anbieten. Heute sprechen 300.000 Installationen weltweit für uns und die Lösungen mit unseren Partnern. Unter unseren Kunden finden Sie: https://www.pcs.com/referenzen/

Rechtzeitig informieren über neue Regelungen der Zeiterfassungspflicht.
Unsere Kunden sollten den Zeitpunkt nicht verpassen, sich mit dem Thema Arbeitzeiterfassungspflicht zu beschäftigen, denn wenn die Empfehlung als deutsches Gesetz in Kraft treten könnte, muss anschließend schnell gehandelt werden. Aus Sicherheitsgründen und zur revisionssicheren Dokumentation empfehlen wir allen Kunden aus dem KMU und Großkonzern-Bereich ein gut geplantes und auf Wachstum ausgelegtes Zeiterfassungssystem mit stationären Terminals, ergänzt um die Möglichkeit der mobilen Buchung für den Außendienst oder Home-Office-Mitarbeiter.

 
Frage 3: Langfristiger Nutzen

Viele Unternehmen sind jetzt vielleicht verunsichert: bis wann muss ich ein solches System einführen, sollte noch keines vorliegen? Drohen Strafen bei nicht Erfassung der Arbeitszeit? Wie soll die Umsetzung kontrolliert werden? Und vor allem: wem nutzt dieses Urteil langfristig?

 
Antwort:
Momentan besteht die Aufzeichnungspflicht für Arbeitszeit auf jeden Fall für alle Geringfügig-Beschäftigten und wie in Frage 1 beantwortet, für alle Arbeitszeiten, die über 8 Stunden werktäglich hinausgehen – diese müssen aufgezeichnet werden. Da durch das EuGH-Urteil eine Klagemöglichkeit für alle Arbeitnehmer gegeben ist, empfehlen wir eine Umsetzung der Arbeitszeiterfassung. Um auf der sicheren Seite zu sein, können Unternehmen heute schon eine Arbeitszeiterfassung einführen, um sich rechtskonform zu verhalten. Technisch ist alles möglich, was gewünscht und notwendig für eine umfassende Dokumentation ist. Firmen, die das nicht tun, gehen das Risiko ein, später vor einem Arbeitsgericht zu unterliegen.

Grundsätzlich sehen wir eine Win-Win-Situation für beide Seiten durch mehr Transparenz und Flexibilität, sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber, siehe Frage 1, 3. Teil.

 
Vielen Dank für das Interview!

 

Leiterin Marketing Communications & Events Marketing Communications & Events
PCS Systemtechnik GmbH

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